Schützenverein Herbolzheim 1663 e.V.
Über uns
Historie
Seit dem ausgehenden Mittelalter, etwa ab dem 14. Jahrhundert, gab es vor allem in den Städten
Schützengesellschaften oder Schützengilden als bürgerliche Genossenschaften. Ihre
Hauptaufgabe ist die Übung mit den Waffen, zunächst noch mit der Armbrust und dann mit den
Feuerwaffen. Die Schützengesellschaften bildeten eine zivile Bürgerwehr, die ihr
Gemeinsamwesen vor räuberischen Übergriffen schützen sollte.
Herbolzheimer Schützen im 17. und 18. Jahrhundert
Die erste urkundliche Erwähnung der Herbolzheimer Schützen datiert in die Zeit nach dem
Dreißigjährigen Krieg. In der im Stadtarchiv aufbewahrten “Haimburger-Rechnung Anno
1663/64” befindet sich unter “Ausgabgeld an Zehrung” die Eintragung “Item an dem
Schützenmahl hat der Haimburger bezahlt 2 fl 5 b 4 pfg”
[ 1 Gulden (fl) = 15 Batzen (b) = 150 Pfennige (Pfg)]
(s. Originaltext aus dem Stadtarchiv Herbolzheim).
Das Zehrgeld war in früheren Jahrhunderten eine Gegenleistung für erbrachte Dienste in der
Gemeinde meist anlässlich besonderer Vorkommnisse und an Festlichkeiten.
Auch in den folgenden Jahren sind immer wieder Ausgabgelder verbucht. So wurden 1670 “der
Schützengesellschaft beigeschossen 2 fl 7 b” im Jahr 1674 waren es sogar 3 fl 9 b.
Weitere Belege für die frühe Existenz einer Schützengesellschaft sind auch Eintragungen im
Gerichtsprotokoll von 1731. Auf den Seiten 104/105 werden anlässlich der Festlegung des
Schorrechtes in der Gemeinde das Schützentor und die Schießgasse genannt. Das Schützentor
befand sich gegenüber dem “Schützen”, wo die “Uttengasse”, heute Galurastraße, in den
Seeweg, heute Rheinhausenstraße, einmündete. Die von der Hauptstraße zum Berg verlaufende
Schießgasse könnte zu einer Schießmauer geführt haben. Diese Bezeichnungen lassen auch auf
den Standort des Schützenhauses und den Schießstand schließen. Die Bezeichnung “Schützen”
an der Ecke Seeweg/Alte Rheinstraße ist auch in einem alten Handriss aus der Mitte des letzten
Jahrhunderts belegt (s. Abb.). Einen Teil des heutigen Schützenplatzes nahm damals noch die
Ziegelhütte des Ferdinand Leicher ein.
Zu den Zehrkosten kommen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts noch die sogenannten
Schützen- oder Schießgaben. So bezahlte “Vermög Conto vom 28. August 1751 Georg Antoni
Leuthner dem Schützenmeister für die Schützengesellschaft” 15 Gulden (s. Originaltext aus dem
Stadtarchiv). Im selben Jahr erhielten die Schützen von der Gemeinde auch noch eine
beachtliche Menge Wein, unter anderem für ihre Mitwirkung am Fronleichnamsfest.
Weitere interessante Eintragungen befinden sich in den Gemeinderechnungen von 1762/63. Für
ihre Mitwirkung anlässlich des bischöflichen Besuches und der Teilnahme am Patroziniumsfest
St. Alexius erhalten die Schützen für Brot beim Löwenwirt Antoni Fux 1 Gulden 30 Kreuzer und
im folgenden Jahr 1 Gulden 4 Kreuzer [1 fl = 60 x].
Für das Jahr 1794 sind die Schießgaben folgendermaßen belegt: “Laut Schein zahle Georg
Antoni Leuthner Schützenmeister der Löbl. Schützen-Companie das gewöhnliche mit 12 Gulden
30 Kreuzer”. Schützenmeister war damals der Obmann Antoni Häring.
Wiederbelebung der Schützengesellschaft unter der badischen Oberhoheit
Nach den Napoleonischen Kriegen, die Baden im Rheinland vorübergehend in Abhängigkeit zu
Frankreich brachten, und den Befreiungskriegen erfolgte unter der badischen Oberhoheit eine
Wiederbelebung der Schützengesellschaften. In der Herbolzheimer Stadtrechnung von 1817 ist
die Existenz der hiesigen Schützengesellschaft durch mehrere Eintragungen dokumentiert. Sie
erhielt aus der Gemeindekasse einen jährlichen Betrag von 12 Gulden 30 Kreuzer und am
Namensfest “Seiner königlichen Hoheit des Großherzogs” für das Böllerschießen 3 Gulden,
sowie je 4 Gulden am Fronleichnams- und Patroziniumsfest. Für die Beschaffung des Pulvers
wurden 25 Gulden ausgegeben.
Diese und ähnliche Beträge wiederholen sich in den folgenden Jahren regelmäßig. So werden
im Jahr 1845 an Kaufmann Karl Behrle 35 Gulden ausgegeben für Pulver zum schießen bei
Festlichkeiten. Außerdem erhalten der Salmenwirt Huser und der Sonnenwirt Schmidt
Zehrkosten für Böllerschützen bei der Firmung und an Fronleichnam. Auch in den darauf
folgenden Jahren sind Beträge für das Böllerschießen verbucht, Polizeidiener Franz Anton Fees
unterzeichnete dafür verantwortlich. Die diesbezüglich höchste Gemeindeausgaben sind für
1848 verzeichnet. Neben größeren Mengen Pulver werden auch zwei Gewehre nebst Munition
besorgt.
Das Revolutionsjahr 1848 gilt als Gründungsjahr des Schützenvereins
Wenn auch kein Gründungsprotokoll noch eine Satzung oder genau Daten über die Gründung
des Herbolzheimer Schützenvereins vorliegen, so wird doch schon lange das Jahr 1848 als
Gründungsjahr für den Schützenverein angesehen. Um die damaligen Voraussetzungen zu
ergründen, werden im folgenden Abschnitt die Geschehnisse jener Jahre chronologisch
dargestellt.
12.9.1847
,,Offenburger Forderungen des Volkes, Art.7.: Wir verlangen eine volkstümliche
Wehrverfassung. Der waffengeübte und bewaffnete Bürger kann allein den Staat schützen. Man
gebe dem Volke Waffen und nehme von ihm die unerschwindliche Last, welche die stehenden
Heere ihm auferlegen."
28.3.1848
Gemeinderat und Bürgerausschuss der Stadt Herbolzheim beschlossen noch vor dem Erlass des
Bürgerwehrgesetzes die Anschaffung von 200 Gewehren. Mit dem Kauf wurde eine
Kommission aus Bürgermeister Dörle, Stadtrat Johann Biehler und Bürgerausschussobmann H.
Kuenzer beauftragt. Die Ankaufssumme hierfür sollte die Gemeindekasse vorschußweise
bestreiten. Diejenigen Bürger, die ein Gewehr zu Eigentum haben wollten, sollten den Betrag
hierfür der Gemeinde ersetzen. (s. Stadtarchiv Herbolzheim, Ratsprotokoll der 57 Sitzung, S33
a/b.)
1.4.1884
Ein Gesetz wird erlassen, wonach all diejenigen zum Eintritt in die Bürgerwehr verpflichtet
sind, welche das 21. Lebensjahr zurückgelegt haben und im Genuss der staatsbürgerlichen
Rechte sind.
April 1848
Es erging die Anweisung des Oberamtes Emmendingen an die Gemeinden, eine Bürgerwehr
zusammenzustellen und diese mit Waffen und Kleidung auszurüsten. Zur Ausrüstung gehörten
schwarz Hüte, Hemden Arbeitshosen und Patronentaschen.
Aufbruch des Heckerzuges in Konstanz und gewaltsame Zerschlagung in Kandern.
Der Herbolzheimer Arzt Dr. Robert Roßwog reist als Wahlmann nach Frankfurt zur Einberufung
der Nationalversammlung und auch zur Deputiertenwahl nach Karlsruhe. In gleicher Mission
sind auch der Bürgermeister Dörle, Rebstockwirt Stigler und Adlerwirt Kuenzer unterwegs. Sie
erhalten dafür aus der Gemeindekasse entsprechende Diäten.
April 1849
In Herbolzheim gibt es einen offiziellen Volksverein, auch Märzverein genannt. Er gewinnt
rasch an erheblichem Einfluss, zumal er nahezu wie eine öffentliche Einrichtung behandelt wird.
Seine Leitung liegt in den Händen eines besonderen Ausschusses, dem Kaufmann Ernst Behrle,
Ignatz Biehler, Heinrich Kuenzer, der Arzt Dr. Robert Roßwog und andere angehörten. Der
Volksverein gilt als Vorläufer der politischen Parteien.
3.5.1849
Der hiesige Volksverein bittet den Bürgermeister und Gemeinderat ausgesprochen höflich um
die Einberufung einer Gemeindeversammlung, die über Bürgerwehr sowie deren Ausrüstung
und Bewaffnung beschließen solle. (Gemeindearchiv Herbolzheim IV/1.9)
7.5.1849
Beschluss zur Bildung eines Sicherheitsausschusses in hiesiger Gemeinde bei den
gegenwärtigen unruhigen Zeiten. Es wird ernannt: Aus dem Volksverein Bierbrauer Hügle,
Martin Fuchs, Bierbrauer Kuenzer, Emil Leutner, Wendelin Ziegler und German Keller, aus dem
Gemeinderat Heinrich Kuenzer, Georg Kuenzer und aus dem Bürgerausschuss Mutschler und
Hans. Diese haben die Verbindlichkeit, nächtlich die Wache zu organisieren und zu
kontrollieren. Außerdem sollten sie alle zur öffentlichen Sicherheit nötigen Maßnahmen treffen.
14.5.1849
Auf das entsprechende Votum der Bürgerschaft drängt der Volksverein mit einem Schreiben
vom 20. Mai auf dessen zügige Umsetzung. Zur Beschaffung von 200 Gewehren sollte
umgehend eine Delegation bestehend aus dem Vorstand des Volksverein Andreas Hügle, einem
Vertreter von Gemeinderat und Bürgerausschuss und Bürgermeister Anton Dörle nach Karlsruhe
reisen, um sich die gewünschten Waffen von der Revolutionsregierung zuteilen zu lassen. Falls
jedoch dort wider Erwarten keine Gewehre mehr zu haben seien, sollten die Abgesandten diese
unter Berufung auf die Bürgschaft von Regierung und Gemeinde anderweitig beschaffen. Der
Delegation sollten entsprechende Papier mitgegeben werden.
21.5.1849
Für die Erfassung der 18 und noch nicht 30jährigen ledigen Bürgersöhne wird aufgrund des
Tauf- und Bürgerbuches eine Liste der Wehrpflichtigen erstellt. Zu Führern und Offizieren des
ersten Aufgebotes wurden die Vorgeschlagenen gewählt: Ignaz Biehler, A. Hanß, Erhard Mutz,
Serafin Mutz, Josef Kuenzer, Karl Geppert, Anton Mutz. Zum 1. Aufgebot wurden insgesamt 99
ledige Bürger und Bürgersöhne erfasst, 8 erwiesen sich als untauglich; 33 Wehrmänner wurden,
im Hinblick auf die Finanzierung der Ausrüstung, als arm eingestuft. Zum 2. Aufgebot erfassten
die Gemeindevertreter 137 Männer; es waren ledige von 30 bis 45 und verheiratete bis zu einem
Alter von 39 Jahren.
27.5.1849
Die Gemeindeversammlung beschließt mit 389 von 419 Stimmberechtigen die Aufnahme eines
Kredits in Hohe von 5.000 Gulden zur Ausrüstung und Bewaffnung der Bürgerwehr.
(Stadtarchiv Herbolzheim, Gemeindebeschlussprotokollbuch 1843-1875, 23 a/b)
9.6.1849
Gemeinderat und Bürgerausschuss beschließen, das die Gemeinde die Blusen für sämtliche
Wehrmänner des ersten Aufgebots bezahle. Die als arm bekannten Wehrmänner erhalten
außerdem aus Gemeindemitteln je ein Paar Hosen und Schuhe, sowie den Hut und den Tornister.
Die Gemeinde hat auch das Leder für die Patronentaschen zu beschaffen. Schließlich sollen bei
der provisorischen Regierung ca. 150 Gewehre bestellt werden. Für sämtliche Beschaffungen ist
Heinrich Kuenzer (Fortunawirt und Bruder des Firmengründers Carl Kuenzer) verantwortlich.
Sein Vater, Handelsmann Alex Kuenzer, stellte für arme Rekruten Leinwand im Wert von 33
Gulden zur Verfügung.
Das 1. Aufgebot aus Herbolzheim kam bei der Abwehr der Invasionstruppen noch zum Einsatz;
einzelne gerieten auch in Gefangenschaft. Nach der Zerschlagung der Revolution im Juli 1849
wurde Dr. Robert Roßwog als politischer ”Wühler” verfolgt, wegen seiner Mitgliedschaft in der
verfassunggebenden Versammlung angeklagt und zu 4 Jahren Zuchthaus verurteilt, jedoch Dank
der Intervention des Fürstbischofs Bernhard Galura vorzeitig aus der Haft entlassen. Er verließ
jedoch Herbolzheim. Seine in Schliengen geborenen Kinder kamen wieder zurück. Seine
Tochter Albertine wurde die Frau des Fabrikanten Emil Kuenzer und sein Sohn Karl Ludwig
Mitinhaber der Leinenweberei Kuenzer. Der Vorstand des Volksvereins, Bierbrauer und Bierwirt
Andreas Hügle, wanderte 21.8.1850 nach St. Louis in Amerika aus.
Aus der Vereinsgeschichte von 1884 bis nach dem letzten Krieg
Nach der gescheiterten 48/49er Revolution widmeten sich die Schützen wieder ihren
traditionellen Aufgaben, der Repräsentation bei kirchlichen und weltlichen Festen.
Die militärischen Aspekte übernahmen nach dem 70er Krieg die fast überall ins Leben
gerufenen Militär oder Krieger Vereine. Der ”Militärverein Auton” wurde in Herbolzheim schon
1873 gegründet. Für die Schützen hingegen gewann das Sportschießen zunehmend an
Bedeutung. Die zentrale Forderung der Revolutionäre nach Waffen in Bürgerhand, wie sie schon
von den Vätern der amerikanischen Verfassung 1776 verwirklicht wurde, bleib in Deutschland
unerfüllt. Außer den Militärs und der Polizei durften nur die Mitglieder von Bürgerwehren und
Schützengesellschaften bei bestimmten Anlässen Waffen tragen.
Während auf den Schützenfesten des ausgehenden Mittelalters noch die gleichen Waffen
benutzt wurden wie bei der Verteidigung der Stadt, treten seit dem 17. Jahrhundert Büchsen auf
die speziell zum Scheibenschießen konstruiert wurden. Zwischenzeitlich wurde durch gezogene
Läufe, bessere Visierung und exaktere Zündungsart die Schießleistung verbessert. Mit der
Erfindung der Perkussionszündung im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts wurden dann
Scheibenwaffen gebaut, die sich von den Militärwaffen wesentlich unterschieden. Auch der
Unterschied zwischen Sport- und Jagdwaffen wurde zunehmend größer. Seit dem 20.
Jahrhundert werden beim Scheibenschießen auch kleinkalibrige Revolver und Pistolen benutzt.
Schrotflinten waren nur noch beim Tontaubenschießen in Verwendung.
Im vorigen Jahrhundert war der Herbolzheimer Schützenverein zunächst noch ein richtiger
Herrenverein, zumal das Schießen mit Großkaliber eine kostspielige Angelegenheit war. Bis
zum Ausbruch des 1. Weltkrieges gehörte es fast zur Tradition, dass die wehrpflichtigen Männer
nach Ableistung ihrer Wehrpflicht dem Verein beitreten und dem Schießsport huldigten. Der
Schützenverein kann somit als ältester sporttreibender Verein der Stadt angesehen werden. Als
Schießwand dienten vorübergehend die Steinbrüche eine Mauer in der Rheinstraße beim
Gasthaus “Schützen”, wo schließlich ein Blockbau als Schützenhaus mit Schießbahnen errichtet
wurde. Die erste Glanzzeit des Schützenvereins dauerte bis zum ersten Weltkrieg, an dessen
Ende der Verein aufgelöst werden musste. Das Vereinsverbot bestand bis 1925.
Im April 1926 fand die Wiedergründung des Schützenvereins statt. Auf Einladung einiger
Schießsportfreunde traf man sich im Nebenzimmer der damaligen Brauerei Schell (heute
Lindenhof), wo mit der Wahl der Vorstandschaft die Gründung eines Schießsportvereins
vollzogen wurde. Noch im gleichen Jahr errang der Verein beachtliche Erfolge, sowohl beim
Gauschießen für Kleinkaliber in Bleichheim wie auch in Kenzingen und Emmendingen. Die
Schützenvereine von Bleichheim, Wagenstadt und Broggingen waren dabei harte Konkurrenten.
Als mehrfache Preisträger erwähnte die Presse August Heß, Herman Ulmer, Franz Minner, Franz
Dörle, Josef Salch, Alfred Irslinger und Ludwig Seele. Aber auch auf der eigenen Anlage beim
Gasthaus ”Schützen” wurden stolze Erfolge erzielt. Die Mitgliederzahl stieg rasch an, viele
junge Herbolzheimer traten dem Verein bei.
Im Dritten Reich wurden die Schießbahnen immer mehr von den NS-Organisationen
beansprucht und die Eigenständigkeit des Vereins unterbunden. 1945 wurde der Verein durch
Beschluss der Militärregierung aufgelöst und das Schützenhäuschen samt Anlage von den
Franzosen beschlagnahmt. Außerdem mussten alle Waffen abgeliefert werden und das Schießen
war ohnehin nach den Erfahrungen des letzten Krieges sehr verpönt. Erst im Jahr 1953 wurden
die Schießanlage wieder freigegeben, so dass mit dem Neuaufbau des Vereins begonnen werden
konnte.